Bio.
Und gut.
Wissen
Futter & Verhalten
Das Thema Fütterung und Verhalten wird von Hundehaltern, Hundetrainern und Tierärzten kontrovers diskutiert. Und obwohl es merkwürdigerweise nur wenige solide Studien zu diesem Thema gibt, wissen wir aus eigener und der Erfahrung mit unseren Haustieren, dass Verhalten und körperliches Wohlbefinden sich gegenseitig beeinflussen. Im Fall von Unwohlsein ist das ganz offensichtlich: Hunde mit Bauchweh, massivem Juckreiz oder Rückenproblemen sind unruhiger, gereizter und mitunter sogar aggressiv. Wenn man weiß, dass die Hauptenergiequelle für den Gehirnstoffwechsel (auch beim Hund!) Glukose ist, versteht man besser, dass überhaupt die einzelnen Nahrungsbestandteile dafür verantwortlich sind, welche Hormone und/oder Botenstoffe aus ihnen entstehen können – oder eben nicht. Die eine, übergreifend optimale Ernährung für Hunde gibt es nicht: Jeder Hund ist so individuell wie jeder Mensch. Verhaltensprobleme lassen sich auch nicht einfach so „wegfüttern“. Aber eine Einflussnahme auf das Verhalten eines Hundes ist absolut möglich: Ihm einen Stress-Puffer zur Verfügung zu stellen und dadurch weiteres Training überhaupt möglich zu machen, oder seine Reizbarkeit zu mindern, ist durch eine Umstellung der Ernährung des jeweiligen Hundes durchaus möglich. Wenn wir bestimmte Zusammenhänge zwischen Verhalten und relevanten Nahrungsbestandteilen verstehen, können wir mit der Ernährung die Konstitution unseres Tieres unterstützen und ihm helfen, gesund zu bleiben.
Eiweiß
Für viele Hundehalter ist das Merkmal einer hochwertigen Ernährung ein möglichst hoher Protein-Gehalt in der Hundenahrung. Tatsächlich ist Fleisch in seiner Zusammensetzung aber viel zu einseitig, um als ausschließliche oder hauptsächliche Nahrungsquelle zu dienen, und würde als solche über kurz oder lang zu schweren Gesundheitsstörungen führen (Zentek 2002).
Proteine dienen in erster Linie dem Aufbau wichtiger Körperstrukturen. Darum haben Welpen oder Hunde, die körperlich sehr stark beansprucht werden (Schlittenhunde in der Arbeitsphase, Hütehunde an der Herde, Polizeihunde im Einsatz), einen erhöhten Protein-Bedarf. Je hochwertiger das Eiweiß ist, desto weniger braucht der Hund davon. Dazu kommt, dass Rationen mit einem sehr hohen Anteil von Proteinen die Konzentration von Serotonin (dem so genannten „Glückshormon“, zuständig für gute Laune, Gelassenheit und Stress-Puffer) absenken. Der britische Tierarzt Dr. Roger Mugford untersuchte als erster 1987 den Einfluss von Eiweiß auf das Verhalten von Hunden. Er konnte nachweisen, dass durch eine Reduktion des Proteingehalts auf 15–18 Prozent der Gesamtration das aggressive Verhalten von Hunden deutlich weniger wurde. Auch G. Ballarini empfahl bei Auftreten von Aggressionsproblemen bei Hunden nach seinen Studien das Absenken des Proteingehalts in ihrer Fütterung. In einer weiteren Studie von Dodman et. al. zeigte sich eine Reduktion aggressiven, hyperaktiven oder nervösen Verhaltens nach einer proteinreduzierten Diät. Andersherum berichten Trainer und Hundehalter, dass ein hoher Proteingehalt bei ihren Hunden eine verstärkte Aktivität und auch Aggressivität auslösen kann. Tendenziell sollte die Versorgung mit Eiweiß wegen der potentiellen Beeinflussung des Gehirnstoffwechsels also „bedarfsdeckend“ sein, aber nicht darüber hinausgehen.
Aminosäuren
Aminosäuren sind die Ausgangssubstanzen für verschiedene Botenstoffe. Ihre Aufnahme beeinflusst auch das Verhalten. Gegenstand vieler Forschungen ist vor allem die essentielle Aminosäure Tryptophan, der Grundbaustein für den stimmungsaufhellenden Neurotransmitter (=Botenstoff) Serotonin. Tryptophan ist für die Synthese von Serotonin notwendig, was auch als „Glückshormon“ bezeichnet wird. Wichtig ist dabei zu wissen, dass Tryptophan nur unter bestimmten Bedingungen ins Gehirn gelangt und dort zu Serotonin umgewandelt werden kann. Dabei ist es wichtig, den Proteinanteil in der Nahrung zu senken und gleichzeitig den Anteil der Kohlenhydrate erhöht.
Kohlenhydrate
Glukose ist die bedeutendste Energiequelle für den Gehirnstoffwechsel. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine ausreichende Versorgung mit Kohlenhydraten eine positive Wirkung auf die Konzentrationsfähigkeit und die Impulskontrolle von Hunden hat: Eine Erhöhung der Menge an Kohlenhydraten führt zu einer Erhöhung des Serotoninspiegels und kann dadurch entspannend wirken. Durch die Versorgung des Gehirns mit Kohlenhydraten wird Dopamin (wichtiger Botenstoff mit motivations- und antriebssteigerndem Effekt) ausgeschüttet. Auch der Vagus-Nerv reagiert in Erwartung der bald folgenden Verdauung, wodurch Noradrenalin und Serotonin ausgeschüttet werden. Ohne die Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin, ß-Endorphin und Serotonin wiederum kann das Gehirn gar keine keine Informationen verarbeiten.
In einer Studie von 2016 (Miller, Pattison et al) stellte sich heraus, dass Hunde, die Kopfarbeit leisten sollen, Stress ausgesetzt sind oder über schlechte Impulskontrolle oder Frustrationstoleranz verfügen, viel gelassener bleiben, sich deutlich besser konzentrieren können und lösungsorientierter sind, wenn sie ausreichend mit Glukose oder Fructose versorgt wurden. In der Studie zeigte sich außerdem, dass die Gabe von Glukose oder Fruktose (also Kohlenhydraten) das Nachlassen von Impulskontrolle sogar ganz unmittelbar ausgleichen kann.
(Mehr dazu siehe auch hier auf lumpi4.de: Kohlenhydrate sind Nervennahrung – auch für Hunde.)
Fette
Neben Zuckerarten dienen auch mittelkettige Fettsäuren (wie MCT, dazu zählen die Capron-, Capryl- , Caprin- und die Laurinsäure, oder Kokosöl) dem Gehirnstoffwechsel Energielieferanten. Bei älteren Hunden nimmt die Fähigkeit, Glukose zu verstoffwechseln ab, weshalb es bei Senioren-Hunden (je nach Individuum) häufig sinnvoll ist, die Kohlenhydrate etwas zu reduzieren und mit mittelkettigen Fettsäuren zu ersetzen. Auch Omega 3-Fettsäuren sind wichtig für die Gehirnversorgung und -entwicklung.